Kindergeburtstag,  Leben mit Kindern,  Zwillinge

Der Zwillingsgeburtstag


 GEBURTSTAGSSAUSE HOCH 2

Zwilling 1 hat Geburtstag.

Zwilling 2 logischerweise auch. Nachdem der erste, der zweite und auch der dritte Geburtstag zwei Tage vor Weihnachten zwischen Feierlichkeiten mit Plätzchen, Punsch und Glühwein nicht die nötige Aufmerksamkeit erhalten hat, soll es beim vierten Durchlauf anders sein.

Die Idee für den Zwillingsgeburtstag:

Ein kleines Fest in den eigenen vier Wänden. Die Regel, sich bei der Gästezahl am Alter des Jubilars zu orientieren, habe ich befolgt, sogar zweimal. In der Realität bedeutet dies: zwölf Kinder – allesamt Mädchen im Alter zwischen vier und acht Jahren. Zwei Drittel Gäste, ein Drittel eigene Kinder.

Gemütliches Kuchenessen, gesittetes Flaschendrehen zum Verteilen der Geschenke, Topfschlagen, Eierlauf, Stopptanz – stehen als KOPs, Kindergeburtstagsordnungspunkte, auf meiner Liste zum Ablauf. Es folgen drei Stunden der Improvisation, jegliche Planung von Vornherein obsolet.

Schon bei KOP 1, Kuchenessen, beklage ich innerlich meine körperliche Unzulänglichkeit: nur je zwei Arme und Hände. Acht Paar wären im Moment passend, um möglichst zeitgleich diversen Wünschen, Tipps und Anregungen nachzukommen.

Ich will Kuchen. – Ich auch. – Hast du den Kuchen gebacken? Der schmeckt ja schrecklich. –  Den grünen Teller mag ich nicht. – Ich hab nichts zu trinken. – Ich auch nicht! – Ich will Apfelschorle, aber ohne Wasser. – Ich hab keinen Hunger mehr. – Ich muss aufs Klo. – Ich will einen Strohhalm. – Ich auch. – Ich auch! – Ich will fernsehen. – Wann kommt meine Mama?

Sieben junge Damen verlangen einen pinken Becher, es sind aber nur sechs vorhanden.

Hoffentlich verfügt die Leerausgegangene nicht über magische Kräfte, die uns in einen hundertjährigen Schlaf oder Schlimmeres versetzen vermögen.

Ein Becher Apfelschorle kippt um.

Zeitaufwändiges und liebevolles Verpacken der Geschenke: vergebliche und nicht gewürdigte Mühe. Binnen Minuten sind Mal- und Bastelbücher in allen Schattierungen von Rosa, bunte Filzstifte, glitzernde Stickerhefte vom lästigen Verpackungsdrumherum befreit. Unmöglich, zu eruieren, wer wem was geschenkt hat.

Noch über zwei Stunden bis die Gäste abgeholt werden.

 

Ein Becher Apfelschorle kippt um.

Jemand stellt ein Stuhlbein auf meinen linken Fuß. Das schmerzt. Auf diesen linken Fuß ist ein paar Tage zuvor dank einer klitzekleinen Ungeschicklichkeit von Zwilling 2 ein Puppenschrank aus Massivholz von der Größe eines Bierträgers gefallen.

Einling 2 pocht auf Topfschlagen, Eierlauf und Wurstschnappen.

Zwilling 1 findet Topfschlagen überflüssig, bedient sich stattdessen direkt an der unter dem Topf versteckten Gummibärchentüte. Auch an den anderen Kinderspielen ist niemand interessiert. Ich schütte getrocknete Maiskörner in die Pfanne, schalte den Herd an. Ziel: Popcorn.

Ein Becher Apfelschorle kippt um.

Ein Teller fällt samt Kuchenstück auf den Holzboden. Dem Teller passiert nichts. Dem Kuchen schon.

Die letzte Stunde vor dem rettenden Ende verteile ich vier Paar funkelnde Ballerinas auf zwölf kleine Fräuleins, vermittle hoffentlich glaubhaft, dass eine Prinzessin durchaus ein grünes Kleid anziehen darf, ohne ihren Adelsrang zu verlieren, lege möglichst bindend fest, in welcher Reihenfolge wer wie lange welche Krone aufsetzen darf und flechte 24 Zöpfe. Zwischen zwei Zöpfen schütte ich verkohlte Maiskörner in den Müll und den restlichen Teil des Tüteninhalts in die Pfanne.

Versuch 2, Popcorn herzustellen.

Einling 2 pocht auf Topfschlagen, Eierlauf und Wurstschnappen, worauf auch jetzt niemand Lust hat.

In der letzten Viertelstunde halte ich die Prinzessinnenmeute davon ab, sich wie die Geier auf die Mitgebseltüten zu stürzen. Nach und nach trudeln Eltern ein, um die süßen Kleinen abzuholen.

Nach drei endlos scheinenden Stunden hat der Zauber sein Ende. Zwei kleine Eisköniginnen liegen erschöpft, schokoladenverschmiert und geburtstagsglücklich auf dem Sofa. Die Krönchen haben beide einhorngleich vor der Stirn fixiert. Einling 2 pocht auf Topfschlagen, Eierlauf und Wurstschnappen. Während Einling 1 sich der jüngeren Schwester erbarmt, geduldig Topf samt Süßigkeit versteckt, fürsorglich den kochlöffelschwingenden Arm in die richtige Richtung lenkt und Eier auf Löffeln balanciert, stopfe ich die apfelschorlennasse Tischdecke in die Waschmaschine, sauge den Kuchen in Krümelform aus allen Ecken und Enden, schütte die zweite Ladung verkohlte Maiskörner in den Mülleimer und versuche, vor Eintreffen des Ehemanns das Wohnzimmer wieder einigermaßen in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen.

Gut gelaunt wedle ich mit dem Staublappen: Erst in vier Monaten droht die nächste Geburtstagssause und die feiern wir definitiv nicht zu Hause!


 
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