Mein Teilzeitjob als Frau …
… MACHT MICH GLÜCKLICH UND AUCH WIEDER NICHT
Gastartikel von Rachel Suhre, Bloggerin bei Mamadenkt
Kommen wir gleich zur Sache. Wie ist das mit meinem Job? Mit meinem Teilzeitjob? Ich bin Mutter dreier Kinder und vor etwa zwei Jahren ins Berufsleben zurückgekehrt. Zumindest würde das jeder Personaler so sehen. Meine Zeit des Bloggens, die bis dato vier Jahre lang lief, würde ich wohl selber nicht als tatsächliche Nebenberuflichkeit betiteln. Das hat sich erst in den vergangenen zwölf Monaten so ergeben.
Mein Teilzeitjob als Frau
Mit meiner Teilzeitbeschäftigung zähle ich also zu den knapp 66% aller erwerbstätigen Frauen, die 2016 ja nur Teilzeit arbeiten gegangen sind und eben nicht Vollzeit. Hier mal ein Link zu einer Statistik aus dem besagten Jahr von der Webseite www.statista.com, sofern euch das interessiert.
Mich interessieren diese Zahlen nur insofern, als dass ich beobachten kann, wieso unsere Gesellschaft, in der wir hier leben, so gestrickt ist, wie sie gestrickt ist. Nimmt man dann nämlich weitere Entwicklungen und Umstände hinzu, erklärt sich einiges, was ich schräg finde, aber auch einiges, das mir Hoffnung macht. Aber ich spul für euch nochmal zurück und beschreib euch mal, wie Alltag inzwischen häufig für mich ausschaut.
Mein Alltag als Teilzeitmutter
Ja, als Teilzeitmutter. In der Regel spreche ich von mir und meinen Jobs nicht mit diesen Begrifflichkeiten. Das gibt’s heute nur aufgrund des Themas. Dass ich nicht von Teilzeit, Teilzeitjob oder Teilzeitbeschäftigung spreche, wird vermutlich daran liegen, dass ich meine Tätigkeiten überhaupt gar nicht als Teilzeit empfinde. Von morgens früh 6:30 Uhr bis nachts um 00:15 Uhr bin ich auf den Beinen und arbeite. Es sind immer andere To-Dos, doch ich arbeite. Jede von euch Müttern weiß das. Dabei ist es vollkommen egal, ob ihr Teilzeitmutter, Vollzeitmutter oder Vollzeitberufstätige seid. Ihr kennt das. Ich weiß das.
Morgens früh sorge ich dafür, dass alle Kinder aus dem Haus kommen und sich rechtzeitig an den Orten befinden, wo sie gebraucht werden bzw. wo sie gerne hingehen. Diese Situation ist neu. Denn bis vor einigen Wochen war hier immer noch mindestens ein Kind zuhause und mindestens ein weiteres wollte dann auch daheim bleiben.
Jedenfalls, jetzt ist es so, dass ich sogar vormittags meinen Aufgaben nachgehen kann: Sei es meinem Angestelltenverhältnis, meiner Freiberuflichkeit oder dem Haushalt. Mittags geht es hier dann wieder zurück in den Familienmodus. Kennt ihr vielleicht auch. Die KiTa schließt und die Kids kommen nach Hause. Denn: Ich freue mich immer auf diese Momente, denn ja, auch deswegen habe ich mich für eine Familie entschieden. Nachmittags habe ich schon häufiger den Versuch unternommen, parallel zu arbeiten. Allerdings mit nicht allzu viel Erfolg. Inzwischen teilen sich mein Mann und ich die Nachmittage und versuchen ein Gleichgewicht zwischen unseren Arbeitszeiten zu entwickeln. Denn wer hätte denn ahnen können, dass mein Blog nach sechs Jahren noch existiert und recht gut läuft?!? Keiner. Abends geht es dann nochmal in den gemeinsamen Familienmodus. Alle fünf beenden den Tag und wenn ich noch die Kraft dazu habe, mache ich gleich weiter und arbeite nochmal zwei Stunden an Projekten, die mir wichtig sind oder mache eine kurze Pause, um dann erst um 22:00 Uhr weiterzumachen. Ich arbeite an vielen Stellen unentgeltlich, wie ihr seht und es selber vermutlich kennt.
Bekommst du kein Geld, ist es keine Arbeit!
Wenn nicht bewusst formuliert, dann doch zumindest nicht selten genau so gedacht, bin ich jeden Tag mit solchen Äußerungen und Gedanken: „Ja, verdienst du denn damit kein Geld?“ – „Das ist doch nur dein Hobby!“ – „Wenn du das nicht zu Geld machst, biste selber Schuld.“
Was soll ich dazu sagen? Mein Blog, meine Vorträge, meine Workshops sind lange Zeit als Hobby gelaufen oder ehrenamtlicher Natur gewesen. Bis ich begonnen habe, mir diese Zeiten vergüten zu lassen. Wenn ich heute als Referentin oder Organisatorin unterwegs bin, dann verdiene ich damit für unseren Lebensunterhalt dazu.
Manche Blogaktionen zählen weiterhin als Hobby und es fällt mir wirklich schwer zu unterscheiden. Das macht Vereinbarkeit leider nicht einfacher und ich fühle mich immer wieder mal ungerecht behandelt. Als Frau, aber auch als Mensch. Und da sind wir bei den Vor- und Nachteilen von unserem heutigen Verständnis von Arbeit angelangt.
Eine bewusste Neudefinition von Arbeit
Ich erlebe gerade, dass wir aktuell kein einheitliches Arbeitsverständnis in unserer Gesellschaft haben. Da ist meine Generation, insbesondere Frauen, die gleichberechtigt auf dem Arbeitsmarkt unterwegs sein möchte und zwischen Kochtöpfen, Kita, Nähprojekten und Teilzeitbeschäftigung pendelt, um irgendwie das Gefühl zu haben, gleichberechtigt und vor allem auch gut versorgt in späteren Zeiten (Rentenversicherungsansprüche) dazustehen.
Dann gibt es da unsere Eltern, die sich für uns eine solide berufliche Situation wünschen, die sich Sicherheit für uns und die von uns gegründeten Familien erhofft. Und dann ist da eine neue Generation, die zu 90% in sozialen Netzwerken vertreten sind, für die ein Leben im Netz dazugekommen ist, das hinsichtlich seiner Auswirkungen aufs reale Leben nicht außer Acht zu lassen ist.
Ja, vielleicht vergleiche ich hier gerade Birnen mit Äpfeln, aber alles scheint sich zu wandeln und zu verändern. Für mich bedeutet das Hoffnung, und dennoch auch Unsicherheiten.
Vor- und Nachteile von Teilzeitjobs
Unsicherheiten, weil aktuelle Teilzeitbeschäftigungen tatsächlich deutliche Gehaltseinbußen mit sich bringen. Auch zeigt die Realität immer wieder, wie schwierig es ist, von Teilzeit auf Vollzeit aufzustocken, wenn die Kinder und das Familienleben es irgendwann einmal zulassen. Hier mal ein Link zum Thema Teilzeitjob.
Obwohl es zunehmend mehr Möglichkeiten und Teilzeitjob – Angebote gibt, fühlen sich diejenigen, die in diesen Angestelltenverhältnissen unterwegs sind, oft zerrissen. Ich habe mich anfangs zerrissen gefühlt. Wenn nicht durch den Druck des Chefs oder die Personalleitung, dann doch zumindest durch eigene Erwartungen und Ansprüche an mich selber.
Als Vorteile werden immer angeführt, dass wir mehr Zeit fürs Kind haben (die Zerrissenheit mal außer Acht gelassen) und sehr viel produktiver arbeiten. Wenn das Geld zu Hause knapp wird, weil ich nur Teilzeit arbeiten gehen kann, sind diese Vorteile plötzlich wieder nichtig. Dann ist die Zeit mit den Kindern nicht so erfüllend, wie ursprünglich erhofft und auch meine Motivation und Produktivität erfahren Einschränkungen. Mal ganz abgesehen von den mentalen und psychischen Auswirkungen einer solchen Situation. Das ist unsere Erfahrung.
Mein Glück im Teilzeitjob
Ich will hier kein Plädoyer für die Teilzeit halten. Grundsätzlich finde ich dieses System unserer Arbeitszeiten nämlich furchtbar. Furchtbar alt und total unangebracht, um tatsächliche Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen und zu gewährleisten. Für mich bedeutet Arbeit auch vielmehr Produktivität. Markus Albers hat ein tolles Buch geschrieben: „Morgen komm ich später rein. Für mehr Freiheit in der Festanstellung“ und zitiert Adams darin, den Autor von „Das Dilbert-Prinzip“: Denn für viele andere scheint Arbeit gleichgesetzt zu sein mit: „Alles, was man lieber nicht täte.“ Dafür verwende ich doch keine Zeit?!?
Wie sehr würde ich mir vielmehr wünschen, dass eine 20-Stunden-Woche Standard werden würde! Gekoppelt an ein bedingungsloses Grundeinkommen. Zum Beispiel. Ich werd ja wohl noch träumen dürfen.
Doch oftmals werde ich bei dieser Äußerung schon kopfschüttelnd in die entsprechende Schublade gesteckt. Diskussionen dieser Art fallen mir auch ehrlich gesagt nicht leicht, denn ich bin keine BWLerin. Will ich auch gar nicht sein, meine Stärken liegen woanders. Als Pädagogin und Teil-Soziologin habe ich nichtsdestotrotz wichtige Anteile in eine solche Diskussion einzubringen habe.
Mein Weg zwischen Windeln und Social Media Marketing – in Achtsamkeit und mit gelebtem Minimalismus
Mein Mann und ich haben unseren Weg durch diese ellenlangen To-Do-Listen des Alltags gefunden. Mal gelingt es uns mehr, mal weniger gut, uns gleichberechtigt Zeit des Abarbeitens zuzuschieben oder uns Auszeiten zu schaffen.
Doch was ich als unglaublich wichtig und stärkend empfinde: Wir achten wieder mehr auf das, was uns gut tut. Ganz resolut und konsequent.
Nach einem Burnout vor zwei Jahren geht es auch nicht anders. Wir haben unser Leben geordnet und leben im Hier und Jetzt und nicht in 30 Jahren. Ja, der Gedanke an eine gelungene Altersvorsorge blinkt immer wieder auf. Doch jetzt, als Familie mit drei kleinen Kindern, haben wir andere Baustellen und versuchen, uns bewusst zu distanzieren von dem, was wir in fünf Jahren vielleicht viel besser und bedachter angehen können.
Zu wenig Geld in der Haushaltskasse führt zu Spannungen. Klar. Also wird geschaut, wo wollen wir bewusst reduzieren? – Unser minimalistischer Lebensstil kommt uns an diesem Punkt sehr entgegen. Was für manche nach unerträglichem Verzicht klingt, ist für uns wiedergewonnene Freiheit: Kein Fernseher, keine Großeinkäufe im Supermarkt, keine Computerspielkonsolen, keine High-Tech-Anschaffungen.
Wenn ich einen Job annehme, dann nur noch den, der meinen Stärken und Leidenschaften entspricht. Anfang des Jahres habe ich mein Arbeitsverhältnis ins Blaue hinein gekündigt. Ich hatte keine direkte Alternative, außer die mit meinem Blog verbundenen Kooperationen und Aufgaben. Doch das innere Nein und das Gefühl am falschen Ort zu sitzen, hat mich so mürbe gemacht, dass ich nach zwei Wochen Grübelei die Reißleine ziehen musste. Jetzt habe ich eine neue Anstellung, bei der ich noch herausfinde und reflektiere, ob das was für mich ist. Ich weiß es aktuell schlichtweg nicht. Es gibt Anteile, die mache ich gerne, aber auch Bereiche, die mir viel Energie abfordern und bei denen ich noch nicht weiß, ob das wirklich das ist, was ich brauche.
Zu diesen drei letzten Punkten möchte ich Mut machen. Sich für das zu entscheiden, was das Herz klingen lässt, gewinnt häufig eine enorme Kraft, die wiederum anderes anstößt und auch finanzielle Gesichtspunkte zum positiven wenden kann. Nicht Zeit ist Geld, sondern Zeit ist Lebenszeit.