Eltern wollen Mitspracherecht
Helikoptereltern,  Leben mit Kindern

Helikoptereltern im Anflug


Wenn Eltern bei Lehrern Storch spielen wollen

War das mit uns abgestimmt?? – Wie verantwortungslos! – Die hat doch einen Bildungsauftrag! – Muss das ausgerechnet jetzt sein? – eine Auswahl von Nachrichten im Elternchat der 6B eines Münchner Gymnasiums. Fest steht: Eltern sind Experten. Für alles. Und in einem Thema sind sie besonders fit: der Familienplanung.

Noch nie hat Tina Tüchtig, als Mathematiklehrerin bekannt für Sorgfalt, Präzision und Zuverlässigkeit, in schulischen Angelegenheiten einen Fehler gemacht. Den Unterricht hat sie akribisch vorbereitet, Noten nicht gewürfelt, Bewertungspunkte in Exen und Schulaufgaben immer korrekt addiert.

Doch nun ist es passiert. Sie hat einen wichtigen Faktor übersehen: die Eltern ihrer Schüler. Diesmal geht es nicht um vermeintlich ungerechtfertigte Bewertungen, zu hohe Ansprüche oder die fehlende Ausgewogenheit des Schulkantinenangebots. Für letztere wäre Tina T. auch gar nicht zuständig. Doch um das kulinarische und sonstige Wohl ihrer Kinder besorgte Eltern juckt es manchmal wenig, wo der Beschwerdeballast abgeladen wird.

Was ist passiert?

Ein Ereignis, das sich auf der Welt täglich tausendfach wiederholt. Frau Tüchtig ist schwanger. Ein Grund zur Freude? Nicht für die Eltern der 6B. Sie und weitere Väter und Mütter fühlen sich übergangen, weil sie vor vollendete Tatsachen gestellt werden.

Da es in Elternchats sprachlich gerne hoch hergeht, lässt der nächste empörte Kommentar auf die Neuigkeit nicht lange auf sich warten.

„Das nächste Mal will ich informiert werden, bevor der Braten in der Röhre ist!“

In der Sache geht es den besorgten Erziehungsberechtigten um eins: ein Mitspracherecht bei der Familienplanung von Lehrern. Was bei erstem Hinhören absurd klingen mag, ist nicht neu. Die Helikoptereltern, mittlerweile bundesweit organisiert, haben sich dieses Ziel schon länger auf die Fahnen und ins Programm geschrieben.

Frau Dr. Britta Hermelin-Rotburghartner, Vorsitzende des Bundesverbands der Helikoptereltern e.V. hat dazu eine klare Meinung:

„Die Eltern von heute haben eine Mission: Sie wollen sicherstellen, dass ihre Kinder von Lehrern unterrichtet werden, die ihre Familienplanung perfekt auf den Schulkalender abstimmen. Wir können es uns nicht leisten, dass eine Lehrkraft in wichtigen Lern- und Lebensphasen unseres Nachwuchses in Mutterschutz oder Elternzeit geht.“

Was wäre denn ein guter Zeitpunkt, sich als Lehrkraft für ein Kind zu entscheiden?

„Seien wir ehrlich: Den gibt es nicht. Doch wir können versuchen, die pädagogische Beeinträchtigung durch diesen biologischen Vorgang möglichst gering zu halten. Eben durch das Mitspracherecht von uns Eltern. Wo kämen wir denn hin, wenn wir alles dem schulischen Personal überließen?

Wie soll das Mitspracherecht praktisch aussehen?

„Durch frühzeitige Information des Elternplenums durch die Lehrkraft, dass überhaupt entsprechende Planungen bestehen. Nicht erst, wenn das Kind schon in den Brunnen gefallen ist. Anschließend wird ein passender Zeitpunkt festgelegt, entweder bei einem Elternabend in der Schule in Absprache mit der Lehrkraft oder auch ohne diese beim Elternstammtisch oder schlicht per Doodle.“

Klingt nach einem Plan. Doch was halten Betroffene wie Tina Tüchtig von diesen Forderungen? Wir wissen es nicht. Denn dank mehrerer Fälle von Ringelröteln in der Unterstufe ist sie von der Anwesenheit in der Schule befreit und ist zumindest räumlich in ihrer Privatsphäre geschützt.


 

 

 

 

 

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