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Karriereleiter kaputt – Wer war’s?


KEINE AHNUNG

Es ist mir ehrlich gesagt schnuppe.

Denn die vier Gründe, meine Töchter, die zumindest mitverantwortlich für die Beschädigung, gar Zerstörung sind, sind das Beste, das mir im Leben passiert ist.

Das Schicksal meiner Karriereleiter

Meine Karriereleiter war wohl ab dem Tag zum Zerbrechen verdammt, an dem ich, noch kinderlos, meiner damaligen Vorgesetzten die Schwangerschaft gebeichtet habe, beichten musste. Ich hatte die Stelle erst frisch angefangen, war in Vollzeit eingestellt worden, um meine Chefin zu entlasten. Eine Traumbesetzung, die in wenigen Monaten schon wieder in Mutterschutz gehen würde, war ich aus Arbeitgebersicht wohl nicht.

Als „die Neue“ wollte ich Gerede hinter meinem Rücken vermeiden. Wahrscheinlich von Vornherein sinnlos. Dennoch hatte ich mich für den offensiven Weg entschieden: den direkten Kontakt zu fast jedem einzelnen Kollegen. Zum Glück war die Firma nicht allzu groß und nach fünfzehn teils längeren meist sehr kurzen Flurgesprächen war ich durch.

Das kommt jetzt sehr überraschend. – Der Zeitpunkt ist aber ungünstig. – Hätten Sie sich das nicht vorher überlegen können?

Eine Auswahl der Reaktionen auf meine Mitteilung, ich sei schwanger. Ob meine Vorgesetzten mich am liebsten gleich wieder losgeworden wären, weiß ich nicht. Dank Kündigungsschutz für werdende Mütter, der zum Glück auch in der Probezeit gilt, durfte ich bleiben.

„Karriere als Teilzeitmutti“

Nach gut einem Jahr Elternzeit kehrte ich zurück, diesmal in Teilzeit. Eine Vollzeitbeschäftigung wäre für mich nicht in Frage gekommen. Wozu hatte ich mein Kind bekommen? Um es überwiegend durch Fremde betreuen zu lassen? Sicher nicht.

Da mein Arbeitgeber rechtlich nicht verpflichtet gewesen wäre, mir die Zwanzigstundenwoche einzuräumen, überdies auf nur vier Tage verteilt, freute ich mich, wieder rauszukommen. Den Wäschebergen zu entfliehen, andere Gespräche als über Stillen, Zahnen, PEKiP zu führen und meine grauen Zellen aus ihrem Dornröschenschlaf zu wecken.

„Das ist jetzt Ihr Arbeitsplatz.“

Die junge Kollegin, mit der ich vor der Geburt das Vorstellungsgespräch geführt hatte, war auf meine ursprüngliche Stelle nachgerückt. Saß in meinem ursprünglichen Büro mit Blick auf die Alpen. Störte mich das? Nicht besonders.

Das neue Büro, oder besser gesagt, die Abstellkammer à sechs Quadratmeter, war immerhin nur mein Reich. Die Betriebsärztin hatte den Raum als zu klein für einen Arbeitsplatz bemängelt. Was soll’s. Den Blick nach Norden auf Fabrikschornsteine hatte ich mit der Zeit sogar richtig lieb gewonnen.

 

Was hat Brot mit Intelligenz zu tun? Nicht viel.

Die Anfangseuphorie über die Rückkehr ins bekannte Leben verflog, als ich nicht mehr ins Tagesgeschäft involviert wurde. Stattdessen war ich für eine einzige Aufgabe zuständig. Die hatte mit Jura so wenig zu tun wie Brot mit Intelligenz. Mittlerweile wieder schwanger und hormonsanft wie ich war, gewöhnte ich mich an die öde Tätigkeit, die mangelnde Anerkennung meiner Person als „Teilzeitmutti“ durch Kollegen, den verletzenden Vorwurf, wie teuer all die Schwangeren für das Unternehmen seien ebenso wie an die fast täglichen Sprüche, wenn ich wie vereinbart um 14 Uhr das Büro verließ.

„So wenig wie Sie möchte ich auch arbeiten.“

Wollen Sie auch so wenig wie ich verdienen?, wäre an sich die richtige Antwort gewesen.

Wütend wurde ich erst als ich per Zufall mitbekam, dass die gesamte Kollegenschaft um mich herum in den Genuss einer jährlichen Gehaltserhöhung kam – ich jedoch nicht – und gleichzeitig ein genereller Bonus ausbezahlt wurde. An die anderen, nicht an mich.

Meine Karriereleiter war zu einem wertlosen Haufen modriger Holzbretter verkommen.

Wegen der Ungerechtigkeit stellte ich mich auf die Hinterbeine. Tatsächlich wurde mir dann ein Bonus versprochen, wobei dieser weit unter dem lag, was Andere erhielten. Die an sich bei jedem Kollegen, ob Männlein oder Weiblein, ob Voll- oder Teilzeit, ob rosa oder grün, übliche Gehaltserhöhung, erhielt ich nicht.

Warum? Warum ging ich bei der jährlichen Gehaltserhöhung leer aus? Warum lag mein Bonus weit unter dem üblichen Satz?

Ich weiß es nicht. Anderen Frauen erging und ergeht es ebenso, branchen- und positionsunabhängig. Diese Form der Ungleichbehandlung oder, um das Kind beim Namen zu nennen, die Diskriminierung von Müttern, das Kind als Grund für den Karriereknick, ist leider keine Seltenheit.

Und wenn ich mir die Geschichten aus meinem Freundes- und Bekanntenkreis anhöre, scheint sie sogar an der Tagesordnung zu sein. Hochqualifizierte Frauen wurden nach der Elternzeit degradiert, der Chefposition beraubt oder die Kündigung flatterte ins Haus. Jeweilige Begründung: Mit Kind konnte angeblich die erforderliche Leistung nicht mehr optimal erbracht werden. Aha.

 

Muss eine Mutter Arbeitszeiten in Kauf nehmen, die zusätzlich zu Ganztagskindergarten und -schule eine Fremdbetreuung bis spät in den Abend erfordern, um beruflich nicht auf dem Abstellgleis zu landen?

 

Alternative gesucht

Angesichts meiner Erfahrungen hielt sich die Begeisterung, nach der zweiten Elternzeit zu meinem Arbeitgeber zurückzukehren in Grenzen. Ich bewarb mich anderweitig. Da die Auswahl an Teilzeitstellen für Juristinnen nicht gerade üppig ist, freute ich mich über drei Vorstellungsgespräche. Ob ich eine Chance gehabt hätte, bei einer der Positionen genommen zu werden, weiß ich nicht. Ich habe sie jeweils von mir aus abgesagt.

Denn jede hatten ihren Makel:

  1. Schlechtere Bezahlung als bisher.
  2. Höhere Wochenarbeitszeit. Wie hätte ich ie ich mit zwei kleinen Kindern leisten können?
  3. Rechtlich unzulässige Fragen des potentiellen neuen Chefs nach meiner weiteren Familienplanung.

Anlässe genug, nicht vom Regen in die Traufe zu springen.

 

 

Die Rückkehr zum unliebsamen Arbeitgeber blieb mir erspart, denn ich wurde wieder schwanger, diesmal mit unseren Zwillingen.

Bye, bye Berufswelt!

Einerseits die Arbeit, die ich gedanklich oft mit nach Hause genommen habe. Andererseits zwei kleine Töchter im Alter von drei und nicht mal zwei Jahren. Und obendrauf die Zwillingsschwangerschaft mit diversen Zipperlein. Und dann noch arbeiten? In einem Job, in dem ich nicht weit vom Depp vom Dienst entfernt bin?

Sicher nicht. Der Spagat zwischen Beruf und Familie wäre für mich zu groß gewesen.

Mit vier Kindern war schnell absehbar, dass sich meine kleine Großfamilie mit ihren unterschiedlichen und individuellen Bedürfnissen nicht in das Korsett einer abhängigen Beschäftigung zwängen ließ und lässt, weshalb ich – vorerst? – dem regulären Angestelltenleben den Rücken gekehrt habe. Ich bin mir auch durchaus bewusst, dass meine Chancen als Vierfachmutter Mitte vierzig auf der Suche nach einer Teilzeitbeschäftigung denkbar ungünstig sind.

Mittlerweile bin ich mir sicher, dass die Selbständigkeit die passende Alternative zum Angestelltenleben ist.


 
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